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Wie erkenne ich eine Essstörung? Warnsignale, die du nicht ignorieren solltest!

Manchmal ist es schwer zu erkennen, ob jemand eine Essstörung hat – vor allem, wenn die Person ihr Verhalten versteckt. Essstörungen entstehen nicht plötzlich. Oft merkt man zuerst Veränderungen im Verhalten – bevor sich etwas am Körper oder an der Stimmung verändert. Wenn du Veränderungen im Verhalten früh erkennst, kann die Person meist schneller wieder gesund werden. Das nennt man Frühintervention – und sie hilft nachweislich am besten, eine Essstörung zu verkürzen und weniger schlimm zu machen.


Wir leben in einer Gesellschaft, in der viele Menschen nach einem Gewichtsverlust streben. Deshalb ist es oft schwer, eine Essstörung zu erkennen
Wir leben in einer Gesellschaft, in der viele Menschen nach einem Gewichtsverlust streben. Deshalb ist es oft schwer, eine Essstörung zu erkennen

In unserer Gesellschaft wird eine Essstörung zumeist nur mit einem Gewichtsverlust verknüpft - alle anderen Symptome werden dabei ausgeblendet, was zu verherrenden Folgen führen kann. Tatsächlich werden laut amerikanischer Studie der ANAD weniger als 6 % der Menschen mit einer Essstörung medizinisch als “Untergewichtig” eingestuft. Der Rest ist über- oder normalgewichtig und kann seine Essstörung unter einem Schutzmantel verstecken.


Vor kurzem habe ich das Buch “Warum Kinder nicht richtig essen” von Julia Steppart gelesen, was ich euch wärmstens empfehlen kann.

Julia schreibt über frühzeitige Warnhinweise bzw. Alarmsignale im Bezug auf Essstörungen, welche aufzeigen, dass gestörte Verhaltensmuster bereits sehr lange Zeit im Voraus ersichtlich sind.


  • Veränderung im Essverhalten:

    • Das Auslassen oder Vermeiden von Mahlzeiten 

    • “restriktives” Essverhalten: Lebensmittel werden in “gut” und “böse” eingeteilt.

    • Entschuldigungen, Ausflüchte und ausweichende Antworten zum Thema Mahlzeiten und Hunger (“Nein, Danke! Ich habe schon etwas gegessen”)

    • regelmäßiger Rückzug bei gemeinsamen Mahlzeiten

    • Heißhunger oder Essanfälle: es entsteht ein plötzlicher Drang, große Mengen zu essen

    • Einnahme von Appetitzüglern, Abführmitteln, Diabetes-Medikamenten (Ozempic), oder entwässernden Medikamenten mit dem Ziel, Gewicht zu verlieren.  

    • Reduktion der Nahrungsmittelzufuhr (Lebensmittel werden beispielsweise sehr penibel abgewogen)

    • Essen wird als Mittel zur Stressbewältigung oder anderen unangenehmen Gefühlen missbraucht


  • Ernährung und Gewicht als präsentes Thema

    • Angst vor der Zunahme

    • Fokus auf Nährwerte: Kalorien, Fett, Kohlenhydrate, Proteine (mittels Tracking wird die Einnahme streng kontrolliert)

    • Auffällige Rituale rund um die Einnahme von Mahlzeiten. Beispiele können sein:

      • Es wird immer zur gleichen Uhrzeit gegessen.

      • Es wird das Gleiche zum Frühstück-, Mittag- und Abendessen gegessen und zwar sogenannte “Safe Foods”, also erlaubte und als gesund eingestufte Lebensmittel. Bei einem Abweichen dieser Struktur treten Angst, Schuld-, Scham- und Ekelgefühle auf.

      • Die Mahlzeit wird auf einem kleinen Teller angerichtet, damit es so wirkt, als esse man mehr.

      • Es wird viel getrunken, geraucht oder Kaugummi gekaut, um das Hungergefühl zu unterdrücken.

      • Man kocht für andere, isst jedoch selbst nichts

      • Man schränkt sich tagsüber beim Essen ein, um sich am Abend mehr zu erlauben.

    • Ständiges Wiegen als Kontrollmechanismus: Die Stimmung hängt von der Zahl auf der Waage ab.


  • Soziale Auffälligkeiten:

    • Rückzug von Familie und Freunden

    • vermehrtes Sporttreiben: Man meldet sich beispielsweise im Fitnessstudio an, oder überredet Freunde zum Laufen gehen (auch wenn es wie aus Kübeln regnet) 

    • Essenseinladungen werden ausgeschlagen, aus Angst vor unbekanntem Essen.

    • Ständiges reden über das Aussehen, die aktuellen Fitnesstrends, dem Gewicht, dem Essen und Diäten.


  • Körperliche Symptome:

    • deutliche Gewichtszu oder -abnahme, Gewichtsschwankungen

    • Erbrechen in unregelmäßigen Abständen:

      • lange Toilettenaufenthalte nach dem Essen 

      • die Person kehrt mit glasigen Augen zurück

      • Die Handrücken weisen frische Bissspuren auf

    • Bauchschmerzen, Verstopfung oder Durchfall

    • Schlafstörungen und Unruhe

    • Kreislaufprobleme, häufiges Frieren, Haarausfall, brüchige Nägel, sowie bei Mädchen das Ausbleiben der Periode


Bitte beachte: Dies ist keine Checkliste - Jemand, der an einer Essstörung leidet, wird nicht alle Anzeichen und Symptome gleichzeitig aufweisen, und die Warnsignale variieren je nach Essstörung, Schweregrad und Dauer und lassen sich nicht immer in klare Kategorien einordnen.


Wenn ich an meine Zeit der Essstörung zurückdenke, dann kann ich mich mit einigen Punkten bereits über Jahre im Voraus identifizieren - es war alles schon da, ich wollte einfach nicht genauer hinsehen, es nicht wahrhaben. Und mein Umfeld glaubte, dass eine Essstörung lediglich mit einem extremen Gewichtsverlust einhergeht. Doch da waren diese kleinen, feinen Verhaltensweisen, die immer mehr von meinem Leben einnahmen und mich schlussendlich vollends überschatteten.


Manchmal frage ich mich, ob es mir geholfen hätte, wenn es in meinem Umfeld mehr Wissen über Essstörungen gegeben hätte. Wenn ich selbst – oder auch Menschen um mich herum – früher verstanden hätten, was wirklich dahintersteckt. Hätten wir die Anzeichen erkannt? Hätte ich mir eher Hilfe geholt? Ich weiß es nicht, hoffe allerdings, dass dieser Beitrag schon mal ein kleiner Anfang ist, dass Essstörungen offen angesprochen werden.


Wenn du dir nicht sicher bist, ob du selbst oder jemand in deinem Umfeld betroffen ist, dann hol dir lieber frühzeitig Hilfe. Lieber einmal zu viel fragen als zu lange warten.


Fühl dich gedrückt - deine Melanie



 
 
 

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